Die Europäische Kommission hat kurz vor Ablauf der Frist Rechtsmittel beim EuGH gegen die Entscheidung des EuG, dass das KWKG 2020 keine Beihilfe ist, eingelegt.
Europäische Kommission legt Rechtsmittel gegen KWKG 2020-Entscheidung des EuG ein
Am 24. Januar 2024 hatte das Gericht der Europäischen Union (EuG) zu Änderungen im Rahmen des KWKG 2020 entschieden, dass weder die KWK-Förderung noch die Begrenzung der KWKG-Umlage eine staatliche Beihilfe sind (Az. T 409/21). Die Europäische Kommission hat am 3. April 2024 Rechtsmittel gegen diese Entscheidung beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingelegt. Das Rechtsmittelverfahren wird im zweiten Rechtszug beim EuGH unter dem Aktenzeichen C-242/24 P geführt (LINK CURIA).
Zwar hatten Fachkreise erwartet, dass die Europäische Kommission Rechtsmittel einlegen würde, da sie häufig so vorgeht, wenn sie beim EuG unterliegt. Allerdings spricht derzeit viel dafür, dass der EuGH die Entscheidung des EuG bestätigen wird. Das EuG hatte in seiner Entscheidung vom 24. Januar 2024 eng an der inzwischen sehr ausdifferenzierten Rechtsprechung des EuGH an der Schnittstelle zwischen Energie- und Beihilfenrecht argumentiert. So bezog sich das EuG in seiner Urteilsbegründung vorliegend insbesondere auf die Urteile vom 15. Mai 2019 (EuGH ECLI:EU:C:2019:407 = EuZW 2019, 616 – Achema u.a. (C-706/17)) sowie vom 12. Januar 2023 (EuGH ECLI:EU:C:2023:1 =BeckRS 2023, 82 – DOBELES HES (C-702/20)).
Das EuG Urteil vom 24. Januar 2024 erscheint daher sogar stimmiger als das EuGH-Urteil zum EEG 2012. Wäre es so rechtskräftig geworden, hätte Klarheit bestanden, dass der KWKG-Mechanismus als haushaltsunabhängiger Fördertatbestand für bessere Investitionsbedingungen sorgen kann und der nationale Gesetzgeber nicht alle Einzelheiten „mit Brüssel“ abstimmen müsste. Insofern ist das durch die Europäische Kommission eingelegte Rechtsmittel für den Wirtschaftsstandort Deutschland nachteilig. Insbesondere steht zu befürchten, dass aufgrund der Verzögerung im zweiten Rechtszug wichtige Änderungsvorhaben durch den Gesetzgeber verschoben werden oder „vorsichtshalber“ weiterhin an den Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz, und Energiebeihilfen (KUEBLL) gemessen und in Brüssel notifiziert werden.
Das eingelegte Rechtsmittel zum EuGH bringt Rechtsunsicherheit für Netzbetreiber und Letztverbraucher sowie für den deutschen Gesetzgeber mit sich. Denn auf Grundlage des EuG-Urteils hätte sich der Anwendungszeitraum des KWKG bis zum 31.12.2029 verlängert (bislang ist die (Wieder-) Aufnahme des Dauerbetriebs von KWK-Anlagen bzw. die Inbetriebnahme von Netzen und Speichern bis dahin im KWKG zwar vorgesehen, steht aber ab dem 1. Januar 2027 unter dem Genehmigungsvorbehalt der Europäischen Kommission). Zudem hätte das EuG-Urteil auch eine beihilferechtliche Genehmigung des ab 2025 vorgesehenen PtH-Bonus obsolet gemacht. Anlagenbetreiber, die ihre KWK-Anlage 2025 (wieder) in Dauerbetrieb nehmen und den PtH-Bonus in Anspruch nehmen wollen, müssen bereits zum 31.07.2024 eine entsprechende Prognosemeldung abgeben, dies wird nun unsicherer.
Auch verzögert der Gang zum EuGH eine größere Handlungsfreiheit der Bundesregierung bei zukünftigen Anpassungen des KWKG. Zusätzliche Förderungen in Ergänzung der Kraftwerksstrategie, die wohl selbst der beihilferechtlichen Genehmigung bedarf, werden nun voraussichtlich „auf die lange Bank geschoben“. Auch mit Blick auf die Netzumlagen wäre mehr Rechtssicherheit wünschenswert gewesen. Hinsichtlich KWKG-Umlageprivilegierungen beschränkt sich die Entscheidung des EuG zwar auf die Begrenzung der KWKG-Umlage für Wasserstoffhersteller nach § 27 KWKG 2020. Die Argumentation des Gerichts wäre allerdings wohl auch auf die anderen im EnFG geregelten Privilegierungstatbestände übertragbar gewesen.
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