WasABi: Ausgleichs- und Bilanzierungsmodell
Das Verfahren BK7-24-01-014 definiert die Regeln für die Bilanzierung und den Ausgleich von Wasserstoffmengen im Netzbetrieb. Ziel ist ein kontinuierlich ausgeglichenes Gesamtnetz, das Effizienz und Netzstabilität fördert.
Marktgebietsverantwortlicher: Bis zum 01. Oktober 2026 müssten Wasserstoffnetzbetreiber einen Marktgebietsverantwortlichen (MGV) benennen. Dieser übernimmt zentrale Aufgaben, darunter die Organisation der Bilanzierung, den Aufbau einer Datenaustauschplattform und die Sicherstellung eines effizienten Netzzugangs. Netzbetreiber und Bilanzkreisverantwortliche werden verpflichtet, dem MGV alle relevanten Daten bereitzustellen (Rn. 1, 12).
Bilanzierungssystem: Die Bilanzierung soll kontinuierlich ohne zeitlich definierte Abrechnungsperioden erfolgen. Vorläufige Werte werden viertelstündlich erhoben und saldiert; endgültige Werte fließen nachträglich in die Berechnung ein (Rn. 3, 6). Abweichungen zwischen gemessenen und nominellen Mengen werden über einen Ausgleichsmechanismus sachgerecht auf die Bilanzkreise verteilt (Rn. 10).
Helper/Causer-Anreizmechanismus: Ein finanzielles Anreizsystem möchte Bilanzkreis-verantwortliche mit netzdienlichem Verhalten (Helper) belohnen und Akteure, die Netzschieflagen verursachen (Causer) belasten. Die Berechnung der Pönale basiert auf dem HYDRIX-Wasserstoffpreisindex oder einer vergleichbaren Marktgröße (Rn. 21, 23).
Flexibilitätszonen: Einführung eines dreistufigen Ampelsystems:
- Grüne Zone: Netz im stabilen Zustand, keine Maßnahmen erforderlich.
- Gelbe Zone: Kritischer Zustand, Ausgleichsmaßnahmen und Anreize greifen.
- Rote Zone: Sehr kritischer Zustand, unverzügliche Eingriffe erforderlich (Rn. 16).
Datenmanagement und Datenaustauschplattform: Einrichtung einer zentralen internetbasierten Datenaustauschplattform (Data Hub) bis 01. August 2026. Diese gewährleistet die automatisierte Bereitstellung von Bilanzkreisdaten und den sicheren Austausch von Informationen zwischen Marktakteuren (Rn. 24, 26).
WaKandA: Kapazitäten- und Netzzugangsmodell
Mit dem Verfahren BK7-24-01-015 soll ein Grundmodell für die Abwicklung des Wasserstoffnetzzugangs und die Kapazitätsvergabe definiert.
Einheitliches Marktgebiet: Einführung eines deutschlandweiten Entry-Exit-Systems, das alle Ein- und Ausspeisepunkte umfasst. Dieses Modell bildet die Grundlage für einen diskriminierungsfreien Zugang zu Wasserstoffnetzkapazitäten (Rn. 1).
Kapazitätsprodukte: Einführung verschiedener Kapazitätstypen:
- Feste Kapazitäten (FWK): Garantierte Transportrechte ohne Einschränkungen.
- Unterbrechbare Kapazitäten (UWK): Flexible Transportrechte mit Unterbrechungsmöglichkeit (Rn. 9–11).
Kapazitäten können bei Bedarf über Auktionen zugeteilt werden, insbesondere in Engpasssituationen (Rn. 11).
Cluster-Ansatz und schrittweiser Hochlauf: Während des Hochlaufs des Wasserstoffmarkts erfolgt die Kapazitätsvergabe zunächst clusterweise. Der Übergang zu einem vollständig integrierten Marktgebiet ist für spätere Phasen vorgesehen (Rn. 11).
Nominierungs- und Rückgabeverfahren: Transportkunden müssen Kapazitätsnutzungen melden und können diese im Rahmen definierter Fristen re-nominieren. Rückgaben von Kapazitäten sind möglich, wobei der ursprüngliche Kunde bis zur Weitervergabe verpflichtet bleibt (Rn. 37 ff.).
Monitoring und Berichtspflichten: Netzbetreiber sind verpflichtet, regelmäßig Berichte über die Kapazitätsauslastung, Clusterentwicklung und andere systemrelevante Kennzahlen vorzulegen. Diese Informationen werden durch die BNetzA ausgewertet und veröffentlicht (Rn. 52 ff.).
Die rechtlichen Rahmenbedingungen auf EU- und nationaler Ebene sollen das Fundament für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft bilden. Das im Jahr 2024 verabschiedete EU-Gas- und Wasserstoffpaket (Richtlinie (EU) 2024/1788 vom 13.06.2024 (RL) / Verordnung (EU) 2024/1789 vom 13.06.2024 (VO)) legt wichtige Grundsätze für den regulierten Zugang zu Wasserstoffnetzen fest. Dazu gehören die Einführung eines Ein-/Ausspeisesystems bis spätestens 1. Januar 2033 (Art. 35 RL), die diskriminierungsfreie und transparente Buchung von Kapazitäten (Art. 3 VO) sowie Entflechtungsvorschriften für Netzbetreiber (Art. 68f RL).
In Deutschland sollen die bisher schon erfolgten Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) eine solide rechtliche Grundlage für die nationale Wasserstoffinfrastruktur schaffen. Ein zentraler Bestandteil ist dabei die Einführung eines Entry-Exit-Systems gemäß § 28n EnWG, das eine flexible und vom Transportpfad unabhängige Kapazitätsnutzung ermöglichen soll. Ergänzend dazu sieht § 28n EnWG die Entwicklung von Vertragsstandards und verbindlichen Kooperationsvereinbarungen für Netzbetreiber vor, um einheitliche Regelungen zu gewährleisten.
Ein wichtiges Instrument hierzu ist das Verfahren einer intertemporalen Kostenallokation gemäß § 28r Abs. 1, Abs. 3 EnWG, um so die hohen Anlaufkosten des Aufbaus einer Wasserstoffinfrastruktur (angefangen mit dem Wasserstoff-Kernnetz) besser über die Zeit zu verteilen und Risiken abzusichern. Inzwischen sind die Wasserstoff-Kernnetzbetreiber, angeführt von der Trading Hub Europe GmbH (THE) seit Ende des letzten Jahres mit Hochdruck dabei, die organisatorischen Voraussetzungen für die intertemporale Kostenallokation zu schaffen. So ist derzeit die sog. „kontoführende Stelle“ als Tochter-gesellschaft der THE gegründet worden. Wasserstoff-Kernnetzbetreiber – und nur diese – können dieser Gesellschaft beitreten. Der Beitritt ist indes fakultativ (§ 28r Abs. 4 EnWG). Unterbleibt der Beitritt, nehmen diese Wasserstoff-Kernnetzbetreiber jedoch nicht am intertemporalen Kostenallokationsmechanismus teil.
Auswirkungen und Bedeutung der Festlegungen
Die Festlegungen der BNetzA sollen einen verbindlichen Rahmen für die schrittweise Entwicklung eines effizienten Wasserstoffnetzes in Deutschland schaffen:
- Für Netzbetreiber: Investitionen in IT-Systeme und eine engere Zusammenarbeit sind erforderlich, um die Vorgaben umzusetzen. Gleichzeitig profitieren sie von klaren Spielregeln für den Hochlauf des Wasserstoffmarkts.
- Für Lieferanten und Bilanzkreisverantwortliche: Die neuen Kapazitäts- und Bilanzierungssysteme wollen Transparenz und Anreize für netzdienliches Verhalten schaffen. Durch den Helper/Causer-Mechanismus können sie Kosten sparen, wenn sie zur Netzstabilität beitragen.
- Für Verbraucher: Langfristig sei das Ziel faire und wettbewerbsorientierte Entgelte erwarten zu können, die eine effiziente Netznutzung fördern.
Die Einführung der zentralen Datenaustauschplattform und der Flexibilitätszonen sollen die Markttransparenz verbessern und eine reibungslose Kommunikation zwischen allen Beteiligten ermöglichen.
Mit den Verfahren WasABi und WaKandA setzt die BNetzA Maßstäbe für die Regulierung des Wasserstoffmarkts. Sie möchte praxisnahe Lösungen bieten, um den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft zu unterstützen.
Wir bietet umfassende Beratung und Unterstützung in allen Aspekten der regulatorischen Anforderungen und rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich Wasserstoff(infrastruktur). Dabei begleiten wir Netzbetreiber, Lieferanten und andere Marktteilnehmer bei der Implementierung der Vorgaben der BNetzA sowie bei der Einhaltung nationaler und europäischer Vorschriften. Wir unterstützen Sie, Ihre Projekte effizient und rechtssicher umzusetzen – und so optimal von den Chancen des Wasserstoffmarktes zu profitieren.